Hochwasser: Wangen kommt glimpflich davon

Datum: 5. Januar 2018
Alarmierungsart:
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Einsatzort: Wangen im Allgäu
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Wangen sz Nochmal gut gegangen: Auf diesen Nenner lässt sich das Wangener Fast-Hochwasser in der Nacht zu Freitag bringen.

Nochmal gut gegangen: Auf diesen Nenner lässt sich das Wangener Fast-Hochwasser in der Nacht zu Freitag bringen. Mit 2,77 Metern erreicht die Obere Argen um 0.45 Uhr ihren Scheitelpunkt. Gegen 3.30 Uhr hieß es dann: erste Entwarnung. Die Argen war vor allem in der Altstadt nicht über die Ufer getreten. Der Krisenstab löste sich angesichts stetig sinkender Pegelstände von Oberer und Unterer Argen auf. Die Einsatzbilanz am Freitag fiel fast rundum positiv aus.

Günter Borkowski ist in Sachen Hochwasser ein gebranntes Kind. Der Inhaber des Sägewerks Max Buhmann in Kernaten hat seinen Betrieb direkt an der Untere Argen, quasi auf Höhe des Flusses. Beim Jahrhunderthochwasser 1999 und auch 2013 war der Betrieb buchstäblich abgesoffen. Am Freitagvormittag erzählt Borkowski jede Menge über diese beiden, Jahre zurück liegenden Ereignisse.

Die Fluten aus der Nacht zuvor streift er eher am Rande. Sicher, die Feuerwehr war da. Auch hatte die Argen die Mauer der Garage erreicht. Und die Grillhütte war in der Nacht zuvor umspült worden. Bis zum eigentlichen Betriebsgelände gelangte das Wasser aber nicht. Borkowski macht an diesem Morgen einen entspannten Eindruck. Hätte ja schlimmer kommen können.

Menschen vergleichsweise entspannt

In der Tat: Es hätte schlimmer kommen – und zwar in ganz Wangen: Den ganzen Donnerstag über hatte es geregnet. Im ganzen Land waren die Einsatzkräfte in Alarmbereitschaft. Auch in Wangen wappnet man sich: Um 18 Uhr fällt der Beschluss, bei einem Pegelstand der Obere Argen von 2,34 Meter die Stadt zu sichern. Um 21.30 Uhr wird Voralarm ausgelöst, eine Stunde später folgt der offizielle Hochwasseralarm.

Blaulicht ist in der Stadt zu sehen, Martinshörner heulen auf. Die Einsatzkräfte machen sich auf den Weg zu den neuralgischen Punkten entlang der beiden Flüsse. Vor allem aber sichern sie die Altstadt.

Die Menschen sind derweil vergleichsweise entspannt. Bürger spazieren am Argenufer entlang und machen sich ein Bild von der Lage. Manch einer staunt über Kraft und Geschwindigkeit der Wassermassen, die knapp im Flussbett bleiben.

Keine vollgelaufenen Keller

„Wir hatten Glück, dass es nicht noch mehr geworden ist“, sagt Oberbürgermeister Michael Lang. Bei 2,77 Meter war Schluss. „Aber wir hätten auch 3,50 Meter im Griff gehabt, da war noch Luft nach oben“, glaubt der Rathauschef. Denn: „Wir waren gut vorbereitet.“

Dass in der Altstadt nichts passiert ist, macht ihn froh. „Aber die Grenzen der Betroffenheit außerhalb ist niedriger“, sagt Lang – auch mit Blick auf das Sägewerk Buhmann in Kernaten: „Dort war die Oberkante dessen, was möglich war.“

Gut gegangen ist die Nacht auch in anderer Hinsicht: Bei der Stadt lief keine einzige Meldung über vollgelaufene Keller ein. Auch Straßen wurden kaum überspült. Mit wenigen Ausnahmen, wie etwa bei der Staudachmühle.

Dank an die Einsatzkräfte

Dass es also glimpflich abgegangen ist, hatte laut Michael Lang aber nicht nur etwas mit dem sich rechtzeitig abschwächenden Regen zu tun, vor allem flussaufwärts: „Es war das Verdienst des Einsatzes von ganz vielen.“ Rund 200 Einsatzkräfte hatten sich in der Nacht um den Schutz vor den Fluten gekümmert. Angefangen bei der Feuerwehr, über Technisches Hilfswerk und das Deutsche Rote Kreuz, bis hin zu den Leuten von Bauhof und Polizei.

An der Spitze stand der Krisenstab, der bei einer möglichen Hochwasserlage immer im Feuerwehrhaus am Südring zusammen kommt und von dort alles koordiniert. „Ein sehr eingespieltes Team“ ist dies, sagt der OB. Zudem könne die Feuerwehr auf eine „tolle digitale Technik“ zurück greifen. Diese zeige immer die Lage an – und was bis dato vom Einsatzplan abgearbeitet ist oder noch nicht.

Lang hatte Stab und Einsatzkräften noch in der Nacht für ihre Arbeit gedankt. Allerdings nachgeschoben, dass das Fast-Hochwasser Gelegenheit wäre, die eine oder andere kleine Stellschraube nachzudrehen. Am Freitag nennt er konkret den Einsatzplan, ein Papier in Buchform. Dort sollte künftig bei jedem aufgeführten Punkt eine Begründung für die entsprechende Maßnahme vermerkt sein. Denn: „Man muss sich das immer mit dem Blick dessen anschauen, der noch nicht dabei war.“

Systemüberlastung

Ganz genau angesehen haben sich die Mitglieder Stabes in der Nacht natürlich die sich ständig verändernden Pegelstände beider Flüsse. Und dabei gab es zwischenzeitlich durchaus unterschiedliche Informationen. Auch beim Krisenstab und gerade, als unklar war, ob der Scheitelpunkt erreicht ist. Über eine geheime Telefonnummer der Hochwasserzentrale des Landes versuchte man vom Südring aus, sich möglichst aktuell auf dem Laufenden zu halten. „Aber auch diese Pegel hinken immer ein paar Minuten der Realität hinterher“, sagt der Rathauschef. Ergo machte man sich selbst vor Ort ein Bild an der Messstelle in Epplings – der wesentlichen für möglicherweise der Altstadt Drohendes.

Die Hochwasserzentrale informiert aber nicht nur Einsatzkräfte in Krisenfällen. Gleiches tut sie mit Karten und Tabellen via Internet von den einzelnen Messpunkten für die Öffentlichkeit. Und da stellten sich in der Nacht mehrere Probleme heraus: Für die Messstelle Untere Argen bei Beutelsau waren zwischenzeitlich Fluten von bis zu 2,45 Metern Höhe angezeigt. Ein Stand, der mehr als jenem des Jahrhunderthochwassers von 1999 entsprochen hätte. In der Realität blieb die Untere Argen stets deutlich unter zwei Metern. Bei 1,85 Meter war der Höchststand erreicht, kritisch wird es ab 1,90 Metern.

Und: Als nach Mitternacht lange unklar war, wie sich die Lage weiter entwickelt, hakte die Internetseite der Hochwasserzentrale: Wer Epplings oder Beutelsau anklickte, bekam eine Weile lang lediglich graue Flächen zu sehen.

Womöglich eine Systemüberlastung. Denn die virtuelle Karte strotzte landauf landab nur so vor Hochwasserwarnungen und dürfte entsprechend oft besucht gewesen sein. Mit Blick auf das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit ein Kritikpunkt Langs: „Die Karte muss stabil sein. Das muss man dem Land mal sagen.“

Quelle Bericht/Bilder: szon.de